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Gesellschaft der Germanisten Rumäniens (GGR) - www.ggr.ro

Zeitschrift der Germanisten Rumäniens (ZGR), 9. Jg., Heft 17-18 / 2000, S. 200-206

 

 

Kontaminationen: ein linguistisch-didaktisches Problem

 

Elena Viorel

 

Definition des Terminus

Das Verb kontaminieren und das abgeleitete Substantiv Kontamination stammen aus dem Lateinischen contaminare bzw. contaminatio, „in Berührung bringen“, und kennen im Deutschen bloß einen fachsprachlichen Gebrauch in der Medizin, in der Linguistik und in der Kernphysik.

Im “Wörterbuch der Medizin”[1] stehen unter Kontamination drei Bedeutungsvarianten entsprechend den drei von uns genannten fachsprachlichen Bereichen: “1. Ansteckung, infektiöser Kontakt, Keimverschleppung, Verseuchung, “Verkeimung”; 2. Verunreinigungen; das unbeabsichtigte Eindringen von Chemikalien, Abfallstoffen der Industrie, des Verkehrs und des Haushalts sowie Stoffwechselprodukten schädlicher Mikroorganismen in die Umwelt und Lebensmittel; 3. radioaktive Verseuchung: durch radioaktive Stoffe entstandene Verunreinigung von Wänden, Fußböden, Kleidung, Nahrungsmitteln u. allg. der Umgebung.”

In Wahrigs „Wörterbuch“ finden wir folgende Definition des Terminus, die die Bedeutungsvariante aus der Fachsprache der Medizin, wo Kontamination neben Kontagion verwendet wird nicht berücksichtigt:

Wortkreuzung, Verschmelzung zweier bedeutungsverwandter Wörter oder Wortteile zu einem neuen Wort; z. B. vorwiegend aus vorherrschend und überwiegend.

Kernphysik: Verunreinigung mit radioaktiven Stoffen, radioaktive Verseuchung“ [2]

Der Terminus Kontamination ist ein Beispiel dafür, wie sich die Linguistik für ihre Zwecke manchmal Termini aus den exakten Wissenschaften zueigen macht (vgl. etwa auch den Terminus Valenz).

In Th. Lewandowskis „Linguistischem Wörterbuch“ heißt es: „Kontamination (blend, contamination, kontaminacija) Form der Wortbildung, wechselseitige Einwirkung zweier sprachlicher Einheiten, die zur Bildung einer neuen Einheit führt: Wortkreuzung, Wortmischung, bei der im Gegensatz zur Zusammensetzung nur Teile zweier Wörter (oder Wortstämme) zu einem neuen Wort verschmelzen und die Art und Weise dieser Verschmelzung nicht zum analogisch weiter wirkenden Modell der Ableitung wird: z. B „Postblatt“ und „Correspondenzkarte“ wird zu „Postkarte“.[3]

Gelegentlich tauchen in der Literatur auch andere Termini auf: „Kofferwörter“, „Portmanteau-Wörter“, „Wortkreuzung“, „Wortmischung“, „Wortverschmelzung“, „Zusammenziehung“.

Da die Neubildungen nicht immer mit bestehenden sprachlichen oder logischen Normen konform sind, werden sie vielfach von der Sprache wieder abgestoßen bzw. vielfach finden sie gar nicht erst Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch. Andererseits können kontaminierte Formen also eine Bereicherung der Wortbildung einer Sprache durch Wortverschmelzung, Wortkreuzung oder Wortvermischung oder durch die Kreuzung zweier Wendungen darstellen, die formal und inhaltlich verwandt sind und die gleichzeitig in der Vorstellung des Sprechers /Schreibers erscheinen. Oft geschieht es, daß Sememe oder Morpheme versehentlich in ein Wort bzw. in eine Wendung zusammengezogen werden, es können aber auch die Phantasie des Sprechers / Schreibers, seine Neigung zu Wortspielen und Wortschöpfung den Anstoß gegeben haben. Eine Quelle für neue Formen und Neologismen dieser Art ist natürlich auch die Sprache der Dichtung.

J. Wolf spricht von Kontaminationen als von einem Zwischenspiel, das folgendermaßen definiert wird: „Eine Kontamination ist ein Ineinanderrücken zweier Fügungen oder auch zweier Wörter, die formal oder inhaltlich verwandt sind, die gleichzeitig in der Vorstellung des Sprechenden auftauchen und von ihm in eine Fügung oder in ein Wort zusammengezogen werden. Es drängen sich zwei Formulierungen ins Bewußtsein (zu keiner Gruppe gehören, keiner Gruppe angehören). Diese stören einander, sie interferieren, es kommt zu einem Sondergebilde, das meist normwidrig ist (zu keiner Gruppe angehören).“[4] Sehr oft handelt es sich bei derartigen syntaktisch- semantischen Interferenzen um bloße Anakoluthe, die keine Aufnahme in die Sprache finden.

Diese Definition scheint mir um zwei wichtige Elemente , die bereits von Hermann Paul[5] hervorgehoben wurden, erweitert: um die formale oder inhaltliche Verwandtschaft der zwei kontaminierten Elemente und um das psychologische Moment der Koexistenz zweier Formulierungen im Bewußtsein des Sprechers sowie der Entstehung einer Mischung aus beiden.

Anfangs kommen so meist normwidrige Gebilde zustande, deren sich der Sprecher mehr oder weniger bewußt sein kann. Manche setzen sich mit der Zeit durch und werden normgerecht.

Das Stichwort Kontamination erscheint auch in der Duden-Grammatik im Kapitel „Wortbildung“ unter „besonderen Bildungsweisen“ und wird als ein Mittel der Wortschatzbereicherung hingestellt. Weiter wird hier gezeigt, daß Kontaminationen auf verschiedene Weise entstehen können, meistens dadurch, daß von jedem der Ausgangslexeme ein Teil ausfällt, gelegentlich auch so, daß eines der Ausgangswörter mit dem anderen verschmolzen wird (vgl. verschlimmbessern aus verbessern und schlimm; Literatour aus Literatur und Tour).[6]

Das Verb und das Substantiv sowie die oben erwähnten drei Sememe existieren auch im Rumänischen und sie stammen auch aus dem Lateinischen. Das rumänische Verb kennt ein zusätzliches Semem: in übertragener Bedeutung steht es für „anstecken“, „beeinflussen“:

 

        Bolnavul s-a contaminat cu virusul X.

        Der Kranke hat sich mit dem Virus X kontaminiert.

In diesem Beispiel handelt es sich um ein gemeinsames Semem, im Gegensatz zum folgenden Beispiel, wo es sich um einen nur für das Rumänische üblichen Gebrauch des Verbs in übertragener Bedeutung handelt:

        M-a contaminat ºi pe mine cu râsul ei.

        Sie hat auch mich mit ihrem Lachen angesteckt.

Das rumänische „Dicþionarul explicativ al limbii române“ bringt für das Rumänische zwei Substantive: „contaminare“/“das Kontaminieren“ oder „Kontaminierung“als substantivierter Infinitiv, der den Prozess des Kontaminierens und sein Ergebnis bezeichnen und den linguistischen Terminus „contaminaþie“: „Modificare a unui cuvânt sau a unei construcþii gramaticale, prin încruciºarea lor cu alte cuvinte sau cu construcþii asemãnãtoare ca sens. Din. fr. contamination, lat. contaminatio.“[7]

 Die Definition lautet also ähnlich wie die bereits für den deutschen linguistischen Terminus gegebene, mit der Bemerkung, daß sich im Rumänischen der linguistische und der fachsprachliche Terminus formal unterscheiden.

Lexikalische Kontaminationen

In den genannten Nachschlagewerken werden in der Regel nur diese Kontaminationen gemeint.

Bei den lexikalischen Kontaminationen handelt es sich um unbewußte oder bewußte Kontaminationsformen.

Zu den unbewußten, nicht absichtlichen Kontaminationen, zählen fast nur Gelegenheitsbildungen, die dadurch entstehen, daß zwei Lexeme, Wendungen oder Wortbildungsmuster willkürlich vertauscht oder vermischt, also kontaminiert werden; das geschieht meistens aus Versehen, wie Gebäulichkeiten aus Gebäude und Baulichkeiten; Pubertätlichkeiten aus Pubertät und Tätlichkeiten.

Sie entstehen aus der Berührung zweier formal oder semantisch verwandten Lexeme oder Wendungen und bilden eine provokative Verachtung bzw. Verletzung der Sprach-normen .

Das Spielen mit sprachlichen Formen und die Lust am Kombinieren und Experimentieren führen zu solchen Hybriden, die im Grunde genommen parasitäre, künstliche Kombinationen darstellen.

Nichtsdestotrotz aus nichtsdestoweniger und trotzdem; zumindestens aus zumindest und mindestens.

Ein Beispiel einer typischen Kontamination, die noch nicht überall akzeptiert (am wenigsten noch bei den konservativen, auf Einhaltung der Normen bedachten Deutschlehrern), dennoch aber weitgehend bereits unbeanstandet im lexikalischen Bestand der Sprache angenommen ist: letztendlich aus letzlich und endlich/ oder auch letzten Endes.

Oder Jein aus Ja und Nein, das scherzhaft nicht nur in der Sprache der Jugend zu hören ist und semantisch eine Grauzone deckt.

Bewußte Kontaminationen entstehen durch bewußte Wortkreuzung, indem die zwei Wörter bzw. Wortstämme gekürzt und zu einem neuen Wort verbunden werden: Stagflation aus Stagnation und Inflation; Denglisch aus Deutsch und Englisch; Engleutsch aus Englisch und Deutsch[8] Franglais; Anglodeutsch; Romengleza.[9]

Bei der Entstehung der Kontaminationsform Franglais stand das Buch des französischen Schriftstellers und Literaturprofessors Rene Etiemble „Parlez vous franglais“ (1964) Pate. Nach diesem Muster sind ähnliche Kontaminationen im Deutschen und im Rumänischen entstanden.

Diese schon gang und gäbe gewordenen kontaminierten Sprachbezeichnungen weisen auf den übermäßigen Einfluß des Englischen, vor allem des amerikanischen Englisch auf das Deutsche, Französische und Rumänische hin und bezeichnen ein für das Urteil der Mehrheit der betreffenden Sprachbenutzer negatives Phänomen. Es verdient vielleicht. eine Anmerkung, daß unter den Anglizismen und Amerikanismen der letzten Jahrzehnte auffallend viele europäische Rückwanderer griechisch-lateinischer Herkunft zu finden sind: campus, symposium, moderator, sponsor, technology, proliferation, design, to manipulate, suspense, mass media.[10]

Manchmal werden Kontaminationen in scherzhafter oder satirischer Absicht geschaffen: im Gegentum, fürchterbar, schauderbar, die aber gewöhnlich „Eintagsfliegen“ bleiben. Hierher gehören auch Beispiele, die nur der Sprache eines Autors und nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören: Kompromißgeburt, Medizyniker, akadämlich.

Zitiert sei in diesem Zusammenhang eine Strophe aus einem Gedicht des bekannten Kinderbuchautors James Krüss mit dem Titel „Am siebzehnten Oktebruar“:

         

          Am siebzehnten Oktebruar

          Geschehn die tollsten Sachen

          Man kann an diesem Tag im Jahr

          Fast alles möglich machen.

 

Solche bewußten Kontaminationen, die vor allem von Schriftstellern verwendet werden, als Spiel mit der Sprache, als Sprachmischung mit stilistischen Effekten, werden mit Vorliebe von B. Brecht, Chr. Morgenstern oder K. Kraus verwendet. Manche ihrer schöpferischen Neubildungen sind in das Sprachsystem eingedrungen und haben sich durchgesetzt, andere sind Einmalbildungen geblieben.

Vgl. dazu auch den Titel eines Gedicht- bandes von Anne Duden: Hingegend. Zitiert sei hier auch eine Strophe aus Brechts „Lied vom Klassenfeind“:

 

Und sie sagten mir: wenn ich brav bin

dann werde ich dasselbe wie sie.

 

Doch ich dachte: wenn ich ihr Schaf bin

Dann werde ich ein Metzger nie.

Und manchen von uns sah ich

Der ging ihnen auf den Strich.[11]

Entstanden ist diese Kontaminationsform aus zwei idiomatischen Wendungen: jemandem auf den Leim gehen und auf den Strich gehen.

Auch die Sprache der Werbung macht gerne davon Gebrauch.

Kontaminationen entstehen also auch im Bereich der Phraseologismen, indem zwei oder mehrere Phraseologismen vermischt werden. Wenn sie keine unabsichtlichen Fehlleistungen sind, können sie ganz bewußt als Stilmittel eingesetzt werden. „Die berühmten Stilblüten in Schüleraufsätzen oder in der Zeitungssprache legen von der Komik, zu der mangelnde phraseologische Kompetenz führen kann, ein beredtes Zeugnis ab: aus der Reihe fallen, aus : aus der Reihe tanzen und aus dem Rahmen fallen.“[12]

Auch fortgeschrittenen DaF-Lernern stellt der Gebrauch solcher Phraseologismen oft Hindernisse in den Weg, die zu Fallen werden können.

Phraseologismen scheinen also besonders anfällig gegen Kontaminationen zu sein.

Unter den bewußten lexikalischen Kontaminationen finden sich gelegentlich auch fachsprachliche Lexeme, die bereits gang und gäbe geworden sind oder im Entstehen begriffen sind und die in der deutschen Gegenwartssprache als Tendenz zur Raffung zu deuten sind wie : Morphosyntax, Alufolie, Neurochirurgie, workaholic, Neurobionik.[13]

Grammatische Kontaminationen

In der mir gängigen Literatur habe ich den Terminus Kontamination nur auf die Lexik bezogen gefunden. Meiner Meinung nach kann aber auch im Bereich der Grammatik mit guten Gründen von Kontaminationen gesprochen werden.

Kontaminationen entstehen auch dann, wenn es im Sprachsystem Paradigmen oder syntaktische Konstruktionen, die Gemeinsames, aber auch Unterschiedliches aufweisen, nebeneinander stehen. Oft handelt es sich um semantische Synonyme, die sich formal, d. h. in ihrer Struktur teilweise voneinander unterscheiden und im Sprachbewußtsein des Sprechers nicht fest verankert sind. Hier scheint auch der psychologische Mechanismus zu funktionieren, nachdem der, der die Wahl hat, die Qual auf sich nehmen muß. Zu den häufigsten zählen Kontaminationen zwischen Verben, die einen einfachen Kasus regieren und solchen mit festen Präpositionen, die oft konkurrierende syntaktische Konstruktionen darstellen:

 

        Meines Erachtens nach aus: meiner Meinung nach und meines Erachtens

        Unter Fitness bezeichnet man aus: verstehen unter und bezeichnen mit oder als darauf denken, aus: an etwas denken und auf etwas achten.

        Er gehört zu dieser Gruppe an, aus: zu einer Gruppe gehören und einer Gruppe angehören.

In den letzten zwei Beispielen handelt es sich um echte Fehler-Katachrese-Bildungen.

Es ist schwer, die tatsächliche Genese zurückzuverfolgen: Im ersten Fall würde ich auf morphologisch einmaligen, bewußten Scherz tippen, im zweiten Fall auf einfache nur psychologisch zu begründende Nachlässigkeit.

Es ist zu unterscheiden zwischen Kontaminationen, die Muttersprachler absichtlich oder nicht absichtlich begehen, und solchen, die der Nicht- Muttersprachler, der DaF- Lerner meistens unabsichtlich begeht, oft aus falschen Analogiebildungen entstanden und als Zeichen mangelnder Kompetenz oder Konzentration zu deuten sind. Hier liegen gewöhnlich eindeutige Normverstöße vor, die jedoch vom Lehrer in ihrer Genese erkannt und für den weiteren Sprachunterricht nutzbar gemacht werden.

Das ist der Fall etwa auch bei der wohlbekannten und auch für den DaF-Unterricht sehr wichtigen Einteilung der deutschen Verben nach der Konjugationsart in schwache und starke, bzw. regelmäßige und unregelmäßige Verben.

Hier entstehen durch Übergeneralisierung sowohl bei Kleinkindern in der Muttersprache als auch gelegentlich bei DaF-Lernern infolge falscher Analogiebildungen kontaminierte Formen: gehte, kommte, springte nach dem schwachen Konjugationsmuster: zeigte, lernte, fragte.

Hierunter fällt aber auch eine von den Deutschen heute häufig gebrauchte kontaminierte Form Der hat sich unheimlich erschrocken für „Er ist unheimlich erschrocken“, gebildet nach hat sich begeistert, hat sich entsetzt usw.

Die Klasse der sog. „ gemischten“ Verben in der traditionellen Grammatik könnte auch als eine Art Kontamination des „schwachen“ und des „starken“ Konjugationsmusters dargestellt werden: denken, dachte gedacht; nennen, nannte, genannt, rennen, rannte, gerannt, brennen, brannte, gebrannt, kennen, kannte, gekannt, wissen, wußte, gewußt.

Ein anderer vor allem bei fortgeschrittenen Deutschlernern und Germanistikstudenten beobachteter Kontaminationsfehler ist die Vermischung der zwei Partizipformen, des Partizip I und II als Attribute. Eine der Aufgabenstellungen in meiner Grammatikprüfung mit Germanistikstudenten lautete: „Bilden Sie fünf Sätze mit erweiterten Attributen“. Bei der Lösung dieser Aufgabe sind mir Kontaminationsformen zwischen dem Partizip I und II aufgefallen:

 

        Ich habe das von meinem Vater bekommende Buch verloren. (aus bekommene und bekommende)

        Der gestern um zehn Uhr im Kino gesehende Film (aus gesehene und sehende)

        Das mit mir gekommende Kind ist mein Bruder (aus gekommene und kommende)

        Das von mir empfohlende Buch (aus empfohlene und empfehlende)

        Der wegen des Streiks von mir verpassene Schnellzug (aus verpaßt und verpassend)

        Das auf die Bank gelegene Buch (Hier liegt eine Kontamination der zwei stammverwandten Verben: liegen und legen vor)

Die erwähnten Kontaminationsformen der zwei Partizipien zeugen von einem nicht automatisierten Sprachgebrauch und könnten nie von Muttersprachlern produziert werden. Daraus ist zu schließen, daß der DaF-Lerner sowohl im formalen als auch im semantischen Bereich zweier ähnlicher Paradigmen Schwierigkeiten hat, d.h., daß er sich nicht im klaren ist über die zwei formbildenden Morpheme: -d und ge- en oder ge- (e)t und über ihre Semantik im attributiven Gebrauch. Die Auswahl der richtigen Partizipform im attributiven Gebrauch stellt übrigens eine typische Schwierigkeit der DaF- Lerner dar.

Zu den häufigen grammatischen Kontaminationen zählen auch die zwischen dem Konjunktional- und dem Infinitivsatz, die zu fehlerhaften Konstrukten führen:

 

        Sie hat viel gelernt, damit sie ihr Ziel zu erreichen. Aus: …, damit sie ihr Ziel erreicht oder …, um ihr Ziel zu erreichen

        Du wirst nicht fliegen können, ohne daß du ein Flugticket zu kaufen

        Statt ich in die Bibliothek zu gehen, bin ich zu Hause geblieben.

Hier handelt es sich um konkurrierende syntaktische Konstruktionen, die gleichzeitig in der Vorstellung des Sprechers/Schreibers erscheinen und die beim Fremdsprachler nicht genügend automatisiert sind, so daß sie miteinander interferieren und zu einer Konstruktionsmischung führen.

Derselbe Mechanismus ist im Spiel auch bei Kontaminationsfehlern im Bereich der Rektion mancher synonymen Verben: begegnen mit dem Dativ und treffen mit Akk.:

        Ich habe ihn begegnet (Vgl. auch den gängigen Scherz: „Wenn du einen Lehrer triffst- triff ihn richtig“)

oder: widersprechen mit dem Dativ und widerlegen mit Akk.:

        Er hat ihn widersprochen.

warten auf mit dem Akk. und erwarten mit dem Akk.

        Ich warte dich.

erschrecken, erschreckte, hat erschreckt (tr.) und erschrecken, erschrak, ist erschrocken (itr.)

        Ich erschreckte davor.

Bekanntlich konkurriert im heutigen Deutsch der einfache Kasus mit dem Präpositionalkasus, was Anlaß zu Kontaminationen gibt:

        Aus dem kann man entnehmen (aus: dem kann man entnehmen und aus dem kann man schließen).

Die phonetische Ähnlichkeit zweier Lexeme kann auch zu grammatisch- semantischen Kontaminationen führen: gelingen/ gelangen; begehen, beginnen; bedingen, bedienen.

Dabei kann es sich auch um intralinguale Fehler handeln, die Grenze ist auch hier fließend, d.h. um Fehler aus Unkenntnis der Form und Funktion mancher Lexeme oder Konstrukte in der Fremdsprache. Überhaupt kann man sich als Didaktiker oder Grammatiker hier die Frage stellen, ob man all diese oben genannten Normwidrigkeiten unter „Kontaminationen“ analysieren sollte. Fest steht, daß die Synonymie und die Formähnlichkeit auch in diesen Fällen mitspielen.

Andere infolge der Synonymie entstandene Kontaminationen:

 

        seit jeher aus: seit je und von jeher

        durchfaxen aus : faxen und durchgeben

        antelefonieren aus: anrufen und telefonieren

        einplanieren aus: einebnen und planieren

        seit alters her aus: seit alters und von alters her

Das Problem der Kontaminationen berührt sich also mit der Fehlerlinguistik und mit der Normproblematik. Die Toleranzbreite ist im lexikalischen Bereich größer als im grammatischen, in der gesprochenen Sprache größer als in der Schriftsprache. Daher fallen grammatische Kontaminationen, die von Fremdsprachlern begangen werden, eher ins Auge als lexikalische , Kontaminationen der Schriftsprache eher als die der gesprochenen Sprache.

Manche Kontaminationen sind nur sprachgeschichtlich zu erklären, so etwa die Kontamination eines maskulinen/neutralen Genitivs mit einem Femininum: des Nachts oder die Ausdehnung des Fugen-s von Maskulina und Neutra auch auf Feminina oder auf Substantive im Plural: Freiheitslied, Entstehungsgeschichte, Interessensvertretung, Frauensperson (heute immer häufiger anzutreffen gegenüber der bisher einzig korrekten Fugen-s - losen Form), Frauenperson.

Auffallend ist in der deutschen Gegenwartssprache die Unsicherheit im Umgang mit Sprachnormen, das Abweichen von ihnen, Normverstöße, die vor allem von Schriftstellern als legitim ausgewiesen werden. Wir betreten hier das schwierige Gebiet der Beziehung zwischen grammatischer Norm und sog. „dichterischer Freiheit“. Denn die Sprache der Poesie ist Freiheit und Neuschöpfung zugleich. Wir vermögen uns heute kaum noch ein Bild zu machen etwa davon, was die deutsche Sprache in ihrem Lexem- und Formenbestand den Dichtern verdankt.

Was das Verhältnis zur Norm anbelangt, so wird heute vieles differenzierter gesehen und Urteile fallen toleranter aus. Die Spannung zwischen Norm und ihrer Veränderung wird auch von dem bekannten ungarischen Germanisten J. Juhasz hervorgehoben: „Ferner gehört zu den Spezifika der sprachlichen Normen, daß die Kreativität der Sprachteilhaber Normverstöße ermöglicht, ohne daß diese zu Normveränderungen führen.“[14]

Das stimmt auch für viele Kontaminationen, die als isolierte Neuschöpfungen zu betrachten sind, ohne zu einer Veränderung der Norm zu führen.

Solche Normverstöße entstehen häufig aus der Notwendigkeit heraus, neu erkannte oder auf neue Art gesehene Sachverhalte zu bezeichnen bzw. den Drang zur Überwindung stereotyp gewordenen Stile zu befriedigen. Dieser Normverstoß ist besonders für Humor und Lyrik charakteristisch. Oft entsteht er aus einem bewußten oder unbewußten Spielen mit der Polysemie und zeugt von der sprachlichen Kreativität in der modernen Gesellschaft. Sprachspiele sind übrigens auch in der Didaktik des DaF-Unterrichts sehr beliebt, so daß Lehrbuchautoren, vor allem in kleinen lyrischen Texten, davon Gebrauch machen können. Überhaupt gibt es in der heutigen Didaktik des Fremdsprachenunterrichts die Tendenz, das spielerische Element in mancherlei Weise heranzuziehen und zu akzentuieren.

Tatsächlich werden ja in der Schule, und damit meinen wir auch den DaF-Unterricht, Normen allzu oft als Dogmen gelehrt. Deshalb sollte man auch im DaF-Unterricht darauf verweisen, daß es in allen Subsystemen der Sprache Freiheitsspielräume für alternative Formen oder Konstruktionen gibt.

Das Thema Kontaminationen bei Mutter- und Fremdsprachlern hängt ebenfalls mit der Fehlerdiagnose und der Fehleranalyse zusammen, mit der Suche nach den Ursachen der von Mutter- und Fremdsprachlern begangenen Fehler. Das Thema hängt ebenfalls mit Entwicklungstendenzen in der deutschen Gegenwartssprache zusammen, die in allen Subsystemen der Sprache, aber vor allem in der Lexik, auftreten.

Kontaminationen sind viel häufiger als man auf den ersten Blick annehmen könnte, vor allem in der Textsorte Interview oder in der gesprochenen Sprache, wenn man dazu neigt, sich lässiger oder humorvoller auszudrücken. Die durch Kontaminationen entstandenen Fehler beeinträchtigen im allgemeinen die Kommunikation nicht. Im Gegenteil, sie bleiben oft unbemerkt.

Fazit

Meiner Meinung nach müßten Linguisten, Übersetzer und Deutschlehrer für das Phänomen der Kontaminationen sensibilisiert werden. Der Terminus müßte ihnen genauso wie etwa der Terminus „falsche Freunde“ bewußt gemacht werden, denn sie sind eine Kategorie von Sprachbenutzern, die dafür sehr anfällig sind.


 

 

[1] Vgl. Maxim Zetkin / Herbert Schaldach: Wörterbuch der Medizin, 15. vollständig überarbeitete Auf-lage. Bearbeitet von Heinz David. u. a. , Ullstein Mosby Berlin 1992, S. 125.

[2] G. Wahrig: „Deutsches Wörterbuch“. Völlig über-arbeitete Neuausgabe. Mosaik Verlag, München 1986, S. 775.

[3] Th. Lewandowski: „Linguistisches Wörterbuch“, 2. Bd., 6. Auflage1994, UTB Meyer und Quelle Heidelberg, S. 594.

[4] J. Wolf: „Sprachgebrauch, Sprachverständnis“, Kri-terion Verlag Bukarest 1974, S. 162.

[5] Vgl. Th. Lewandowsi, a.a.O., S. 594f.

[6] DUDEN. Grammatik. Bd. 4, 5. Aufl., 1995, S. 426.

[7] „Dicþionarul explicativ al limbii române“, Editura Academiei RSR, 1975, S. 190.

[8] Vgl. G. Stickel: „Engleutsch“, in: Sprachreport. Informationen und Meinungen zur deutschen Sprache. Herausgegeben vom Institut für deutsche Sprache, 4/1994, S. 13.

[9] Vgl. auch die Rubrik „Sprachkundendienst“ aus dem „Fachdienst Germanistik“, Nr. 5/Mai 2000, 18. Jg, S. 6: „ Jedes Prozent mehr Web- Nutzer , scheint es, bringt Rückenwind für den Einfluß des Engli-schen. Dies bedeute indes nicht den Verzicht auf Kritik an manchen Auswüchsen einer besinnungslosen Anglisierung des Deutschen. Anglodeutsch ist so komisch wie unvermeidbar, schreibt Helmut Fritz (Stuttgarter Zeitung, 26.2.). Gutes Deutsch ist rar geworden. Immer mehr Sprachbürger empfinden es als heavy… Das Lamentieren über die Verunstaltung des Deutschen zum Denglisch ist inzwischen volkstümlich.“

[10] Vgl. M. Wandruszka: „Die europäische Sprachengemeinschaft“, 2. Aufl. Tübingen, Basel, Francke, 1998, S. 115.

[11] Zitiert nach Christine Palm, a.a.O., S. 74

[12] Vgl. Chr. Palm: „Phraseologie. Eine Einführung“, 2. Aufl. (Narr Studienbücher), Gunter Narr Verlag Tübingen, 1997, S. 73

[13] Vgl. die „Hermannstädter Zeitung“ vom 12. Mai 2000, Nr. 1676, S. 6, woraus wir erfahren, daß Prof. Hans-Werner Brothe, Neurochirurg in Münster, 1992 die Neurobionik geschaffen habe, ein Kunstwort, das sich zusammensetzt aus Neurowissenschaften, Biologie und Technik. Vgl. in diesem Zusammenhang auch das englische Cyborg (Mensch-Maschine-Zwischen-wesen).

[14] J. Juhasz, S. 13.

 

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